Sich der Gnade öffnen
Das tägliche Leben ganz auf Gott ausrichten
Die Gnade ist der Geist Gottes, der sich zur Seele des Menschen herabsenkt. Sie kann darin keine Stätte finden, wenn sie nicht frei darin aufgenommen wird. Das Herabsteigen der Gnade zur menschlichen Seele ist freie Tat der göttlichen Liebe. Die Selbsthingabe ist die freieste Tat der Freiheit. Wer sich so gänzlich unbekümmert um sich selbst – um seine Freiheit und Individualität – der Gnade überantwortet, der geht ebenso – ganz frei und ganz er selbst – in sie ein.
Die Gnade ist der Geist Gottes, der sich zur Seele des Menschen herabsenkt. Sie kann darin keine Stätte finden, wenn sie nicht frei darin aufgenommen wird. Das Herabsteigen der Gnade zur menschlichen Seele ist freie Tat der göttlichen Liebe. Die Selbsthingabe ist die freieste Tat der Freiheit. Wer sich so gänzlich unbekümmert um sich selbst – um seine Freiheit und Individualität – der Gnade überantwortet, der geht ebenso – ganz frei und ganz er selbst – in sie ein.
Schon morgens beginnen
Was wir tun können und müssen, ist: uns der Gnade öffnen! Das heißt: unserem eigenen Willen völlig entsagen und uns nur dem göttlichen Willen gefangen geben, unsere ganze Seele aufnahme- und formungsbereit in Gottes Hände legen. Damit hängt zunächst das Leer- und Stillwerden zusammen. Von Natur aus ist unser Inneres mannigfach erfüllt; so sehr, dass eins immer das andere verdrängt und in ständiger Bewegung, oft in Sturm und Aufruhr hält. Wenn wir morgens erwachen, wollen sich schon die Pflichten und Sorgen des Tages um uns drängen (falls sie nicht schon die Nachtruhe vertrieben haben). Da steigt die unruhige Frage auf: Wie soll das alles in einem Tag untergebracht werden? Wann werde ich dies, wann jenes tun? Und wie soll ich dies und jenes in Angriff nehmen? Man möchte gehetzt auffahren und losstürmen. Da heißt es, die Zügel in die Hand nehmen und sagen: Gemach! Vor allem darf jetzt gar nichts an mich heran. Meine erste Morgenstunde gehört dem Herrn. Das Tagewerk, das er mir aufträgt, das will ich in Angriff nehmen, und er wird mir die Kraft geben, es zu vollbringen. Was ich nach stiller Zwiesprache als nächste Aufgabe vor mir sehe, daran werde ich gehen. Wenn ich nach dieser Morgenfeier in meinen Arbeitstag eintrete, wird es feierlich still in mir, und leer wird die Seele sein von dem, was sie bestürmen und belasten wollte, aber erfüllt von heiliger Freude, von Mut und Tatkraft. Groß und weit ist sie geworden, weil sie aus sich heraus gegangen und in das göttliche Leben eingegangen ist.
Immer wieder innehalten
Nun beginnt das Tagewerk; vielleicht Schuldienst vier bis fünf Stunden hintereinander. Da heißt es bei der Sache sein, jede Stunde bei einer anderen Sache. In dieser oder jener Stunde kann man nicht erreichen, was man wollte,´vielleicht in keiner. Eigene Müdigkeit, unvorhergesehene Unterbrechungen, Unzulänglichkeit der Kinder, mancherlei Verdrießliches, Empörendes, Beängstigendes.
Oder Bürodienst: Verkehr mit unangenehmen Vorgesetzten und Kollegen, unerfüllbare Ansprüche, ungerechte Vorwürfe, menschliche Erbärmlichkeit, vielleicht auch Not der verschiedensten Art. Es kommt die Mittagsstunde. Erschöpft, zerschlagen kommt man nach Hause. Da warten eventuell neue Anfechtungen. Wo ist nun die Morgenfrische der Seele? Wieder möchte es gären und stürmen: Empörung, Ärger, Reue. Und so viel noch zu tun bis zum Abend! Muss man nicht sofort weiter? Nein, nicht ehe wenigstens für einen Augenblick Stille eingetreten ist.
Jede (von uns Ordensschwestern; Anm.d.Red.) muss sich selbst kennen oder kennen lernen, um zu wissen, wo und wie sie Ruhe finden kann. Am besten, wenn sie es kann, wieder eine kurze Zeit vor dem Tabernakel alle Sorgen ausschütten. Wer das nicht kann, wer vielleicht auch notwendig etwas körperliche Ruhe braucht, eine Atempause im eigenen Zimmer. Und wenn keinerlei äußere Ruhe zu erreichen ist, wenn man keinen Raum hat, in den man sich zurückziehen kann, wenn unabweisliche Pflichten eine stille Stunde verbieten, dann wenigstens innerlich für einen Augenblick sich gegen alles andere abschließen und zum Herrn flüchten. Er ist da und kann uns in einem einzigen Augenblick geben, was wir brauchen.
„Religion ist nicht etwas für einige Feierstunden, sondern muss Wurzel und Grund allen Lebens sein. Sollte es wirklich nicht möglich sein, eine Morgenstunde herauszusparen, in der man sich nicht zerstreut, sondern Kraft für den ganzen Tag sammelt?“
In Frieden den Tag beschließen
So wird es den Rest des Tages weitergehen, vielleicht in großer Müdigkeit und Mühseligkeit, aber in Frieden. Und wenn die Nacht kommt und der Rückblick zeigt, dass alles Stückwerk war und vieles ungetan geblieben ist, was man vorhatte, wenn so manches tiefe Beschämung und Reue weckt: dann alles nehmen, wie es ist, es in Gottes Hände legen und ihm überlassen. So wird man in ihm ruhen können, wirklich ruhen, und den neuen Tag wie ein neues Leben beginnen.
Alles aus Gottes Hand nehmen
Gotteskind sein heißt: an Gottes Hand gehen, Gottes Willen, nicht den eigenen tun, alle Sorge und alle Hoffnung in Gottes Hand legen, nicht mehr um sich und seine Zukunft sorgen. Darauf beruht die Freiheit und Fröhlichkeit des Gotteskindes.
Wie wenige auch von den wahrhaft Frommen, selbst heroisch Opferwilligen, besitzen sie! Sie gehen immer niedergebeugt unter der schweren Last ihrer Sorgen und Pflichten. Alle kennen das Gleichnis von den Vögeln unter dem Himmel und den Lilien auf dem Felde. Aber wenn sie einem Menschen begegnen, der kein Vermögen, keine Pension und keine Versicherung hat und doch unbekümmert um seine Zukunft lebt, dann schütteln sie den Kopf wie über etwas Ungewöhnliches.
Freilich, wer vom Vater im Himmel erwartet, dass er ihm jederzeit für das Einkommen und die Lebensverhältnisse sorgen werde, die er für wünschenswert hält, der könnte sich schwer verrechnet haben. Nur dann wird das Gottvertrauen unerschüttert standhalten, wenn es die Bereitschaft einschließt, alles und jedes aus der Hand des Vaters entgegenzunehmen. Er allein weiß ja, was uns gut tut. Und wenn einmal Not und Entbehrung angebrachter wären als behaglich gesichertes Auskommen oder Misserfolg und Verdemütigung besser als Ehre und Ansehen, dann muss man sich auch dafür bereit halten. Tut man das, so kann man auch unbelastet durch die Zukunft der Gegenwart leben.
Das „Dein Wille geschehe!“ in seinem vollen Ausmaß muss die Richtschnur des Christenlebens sein. Es muss den Tageslauf vom Morgen bis zum Abend, den Gang des Jahres und das ganze Leben regeln. Es wird dann auch des Christen einzige Sorge sein. Alle anderen Sorgen nimmt der Herr auf sich. Diese eine aber bleibt uns, solange wir leben.
Täglich Zeit mit Gott verbringen
Wie der irdische Leib des täglichen Brotes bedarf, so verlangt auch das göttliche Leben in uns nach dauernder Ernährung. „Dieses ist das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ Wer es wahrhaft zu seinem täglichen Brot macht, in dem vollzieht sich täglich das Weihnachtsgeheimnis, die Menschwerdung des Wortes. Und das ist wohl der sicherste Weg, das Einssein mit Gott dauernd zu erhalten, mit jedem Tag fester und tiefer in den mystischen Leib Christi hineinzuwachsen.
Aber freilich, es ist mehr erforderlich als die eine Stunde (der Stille am Tag). Man muss von einer solchen Stunde zur anderen so leben, dass man wiederkommen darf. Es ist nicht mehr möglich, „sich gehenzulassen“, wenn auch nur zeitweise. Mit wem man täglich umgeht, dessen Urteil kann man sich nicht entziehen. Selbst wenn kein Wort gesagt wird, fühlt man, wie die anderen zu einem stehen. Man wird versuchen, sich der Umgebung anzupassen, und wenn es nicht möglich ist, wird das Zusammenleben zur Qual.
So geht es auch im täglichen Verkehr mit dem Herrn. Man wird immer feinfühliger für das, was ihm gefällt und missfällt. Wenn man vorher im Großen und Ganzen zufrieden mit sich war, so wird das jetzt anders werden. Man wird vieles finden, was böse ist, und wird es ändern, soweit man es vermag. Und manches wird man entdecken, was man nicht schön und gut finden kann und was doch so schwer zu ändern ist. Da wird man allmählich sehr klein und demütig, wird geduldig und nachsichtig gegen die Splitter in fremden Augen, weil einem der Balken im eigenen zu schaffen macht; und man lernt schließlich auch, sich selbst in dem unerbittlichen Licht der göttlichen Gegenwart zu ertragen und sich der göttlichen Barmherzigkeit zu überlassen, die mit alldem fertig werden kann, was unserer Kraft spottet.
Es ist ein weiter Weg von der Selbstzufriedenheit eines „guten Katholiken“, der „seine Pflichten erfüllt“, eine „gute Zeitung“ liest, „richtig wählt“ usw., im Übrigen aber tut, was ihm beliebt, bis zu einem Leben an Gottes Hand und aus Gottes Hand, in der Einfalt des Kindes und der Demut des Zöllners. Aber wer ihn einmal gegangen ist, wird ihn nicht wieder zurückgehen.
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